Schall Rauschen

Im Rausch des Rauschens – Akustik für Anfänger

So mancher erinnert sich vielleicht noch an den Musikunterricht aus der Schule. Bei der Anzahl an Vokabeln, die hierfür gepaukt werden mussten, glich dieser eher einer Sprachwissenschaft.

Vorwort

Vom Lehrer gab es ein wahres Oratorium, dann wurde im Akkord gebüffelt. Das Tempo Presto, die Tonleiter hinauf und hinab und kein Allegro in Sicht. Wenn das Opus dann mit Forte vollendet war, wurden Pop-Songs nachgesungen. Danach sank vielen müden Schülerinnen und Schülern die Stimmlage in den Bariton und man bekam kaum noch eine halbe, geschweige denn eine ganze Note heraus.

Ihr merkt – Heute geht es um die Musik. Aber nicht um das, was wir in der Schule gelernt haben. Nein, wir wollen heute einen Schritt weiter gehen und spannendes aus der Tontechnik beleuchten. Was ist eigentlich ein Ton? Was hat kosmische Strahlung mit Tinnitus im Ohr zu tun? Hier erfahrt ihr mehr!

Alles Schall und Rau(s)ch?

Wenn ein Tongeber jeglicher Art, etwa eine Stimmgabel oder eine Glocke in Schwingung gebracht wird, sendet er Schallwellen aus. Diese werden durch Verformung des Luftdrucks übertragen, von unseren Ohrmuscheln erfasst und an das Mittelohr übertragen. Hier versetzen sie das Trommelfell in Schwingung und dies bewegt die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel – Erinnert ihr euch noch an den Bio-Unterricht?). Die Knöchelchen bewegen nun Flüssigkeiten im Innenohr, die an feinen Haarzellen vorbeifließen, die aus dieser Bewegung wiederum chemische Signale über den Hörnerven an das Gehirn schicken. So hört man; aber was hört man da – Einen Ton?

Ein Ton ist die Bezeichnung für eine Schallwelle mit gleichbleibender Frequenz. Die Frequenz bestimmt, wie dunkel oder hell ein Ton erscheint, also ob wir eher ein Brummen oder ein Piepsen wahrnehmen. Diese Frequenz misst man in Hertz (Hz), 1 Hz bedeutet eine Schwingung pro Sekunde. Im Unterschied zum Klang ist ein Ton ein eher künstliches Konstrukt, da er seine Frequenz ohne Störung beibehält und nachgemessen auf einem Oszilloskop (Oszillation = Schwingung) eine reine Sinuskurve zeigt.

Ein Klang ist hingehen unrein und verzerrt durch seine Umgebung. Er besteht aus mehreren Tönen und ist das, was wir in der Natur hören, aber immer noch als einzigartig erkennen (der Klang einer Glocke oder auch der Klang einer Klaviernote). Zuletzt bleibt der Begriff des Geräusches bzw. des Rauschens, welches ein Frequenzgemisch darstellt. Typisch dafür ist das Hintergrundgeräusch jeder Stadt, welches sich aus vielen Klängen und auch Geräuschen zusammensetzt: Automotoren, Blätterrascheln, Brummen von Maschinen und aus wehendem Wind. Auch Rauschen hat für die Akustik eine ganz besondere Bedeutung, dazu später mehr.

Hoch und Tief

Wie erwähnt bestimmt die Frequenz eines Tones oder eines Klanges, wie hoch oder wie tief er für uns klingt. Das menschliche Gehör ist in der Lage, Frequenzen zwischen ca. 20 und 20.000 Hz wahrzunehmen. Töne über 20.000 Hz nennen sich Ultraschall und können nicht von uns, aber z. B. von Hunden (bis 45.000 Hz) oder von Katzen (bis 79.000 Hz) gehört werden. Fledermäuse können Töne bis zu 200.000 Hz ausstoßen und das Echo davon hören, wodurch sie sich im Dunkeln orientieren (Echoortung/Sonar). Der Bereich von 0 bis 20 Hz nennt sich Infraschall.

Der unscheinbare Superstar in diesem Bereich ist die gemeine Stadttaube, denn wie viele andere Vögel können Tauben sogar Infraschall mit einer Frequenz unter 1 Hz wahrnehmen. Das fällt in den Bereich der geoseismischen Aktivität, das heißt, Tauben können nahende Erdbeben, Vulkane und Stürme hören. Das ist zwar interessant, jedoch kümmert sich kaum ein Tontechniker um Frequenzen, die für Menschen nicht wahrnehmbar sind. Tauchen wir also etwas tiefer in den hörbaren Bereich ein!

Anhand dieses Beispiels könnt ihr sehen, aber vor allem hören, wie sich ein Ton von 20 bis 20.000 Hz darstellt.

Keine Angst, wenn bis etwa 50 Hz nichts zu hören istWahrscheinlich schaffen das eure Lautsprecher nicht. Tiefe Töne im Bereich 20 bis ~150 Hz gehören dem Bass an. Es sind Töne, die wir eher fühlen, als sie bewusst zu hören. Damit diese lautstark schallen, brauchen wir Woofer oder Subwoofer.

Fun Fact: Die Stuttgarter Metal-Band Way to Bodhi ließ sich 2015 zur „tiefsten Band der Welt“ küren – Mit ihrem Spezialbass schallt ihr tiefster Ton mit 15,2 Hz. Das ist nicht hörbar, aber bei entsprechender Verstärkung spürbar.

Töne ab etwa 6.000 Hz sind TrebleTöne, manchmal auch „Diskant“ genannt. An fast jedem Radio findet ihr Bass- und Treble-Einstellungen, was also nichts anderes bedeutet, als die Anpassung der tiefen und hohen Töne. Menschliche Sprache liegt übrigens im sogenannten Midrange-Bereich zwischen 300 und 5.000 Hz.

Und was ist Equalizing?

Wie bereits beschrieben hängen Klänge auch von der Umgebung ab. Prallt Schall auf Gegenstände, wird er abgeschwächt. Je nach Beschaffenheit dieser Gegenstände können auch nur bestimmte Frequenzen „geschluckt“ werden. Echos hingegen können Klänge verstärken. Um einen ausgeglichenen Gesamtklang zu erhalten, wird ein jeder Tontechniker immer zuerst Equalizing betreiben. Manche sprechen da von „Raum EQ’en. Das ist nichts anderes, als die Amplitude, also die Lautstärke einzelner Frequenzbereiche zu erhöhen oder zu senken, damit es keine Ausreißer etwa im Treble gibt, wodurch hohe Töne schriller klingen, als sie es wirklich sind. Also betreiben auch wir ein einfaches Equalizing, wenn wir an den Bass/Treble-Werten unserer Stereoanlage herumspielen, wenn auch nur rudimentär.

Equalizing bei den Profis ist dagegen eine Kunst für sich. Nicht nur können moderne Equalizer sehr präzise etwa den Bereich 50–100 Hz justieren, sie messen außerdem den Widerhall mit speziellen RTA (Real-Time Analyzer) Mikrofonen. So wird der Sound unter Berücksichtigung der Raumakustik betrachtet und kann angepasst werden – Und hier kommt Rauschen ins Spiel.

Rauschen für das Equalizing

Schon mal den Begriff „rosa Rauschen“ gehört?

Es wird auch Pink Noise oder 1/f-Rauschen genannt und ist ein Geräusch (Frequenzmischung!), welches je Oktave die gleiche Energiedichte hat – Aber Moment, je Oktave? Was heißt das nun wieder?

Ohne zu technisch zu werden bezeichnet eine Oktave den Schritt von einer Frequenz zu ihrem verdoppelten Wert. Also ist ein Ton mit 100 Hz eine Oktave tiefer als ein Ton mit 200 Hz. Ebenso ist 10.000 Hz eine Oktave höher als 5.000 Hz. Für unser Gehör klingen diese beiden Schritte gleich hoch, auch wenn der Unterschied beim ersten Beispiel nur 100 Hz, beim zweiten 5.000 Hz beträgt. Wir hören also in Oktaven, nicht linear in Hertz-Schritten! Und weil rosa Rauschen genau dies simuliert, kommt es sehr nahe an unsere Wahrnehmung von Klängen insgesamt heran. Beim Equalizing wird dieses rosa Rauschen von Lautsprechern gespielt und dann manuell justiert. Ergebnis des Equalizings ist, dass Höhen, Mitten und Tiefen nahezu gleichauf liegen, equal halt.

White Noise aus dem All

Weißes Rauschen, also White Noise, ist wohl die bekannteste Rauschart.

Sie zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Rauschenergie bei jeder Frequenz gleichbleibt. White Noise kennen wir von vielen elektrischen Geräten, die selbst auch einen Lautsprecher haben. Der Fernseh-Schnee, der bei alten, analogen Geräten zwischen den Sendern läuft, ist White Noise und entsteht dadurch, dass der Empfänger kein echtes Signal (z.B. einen Sender) empfängt und stattdessen das Eigenrauschen des Gerätes verstärkt.

Viele meinen, hierbei handelt es sich um das Echo des Urknalls, aber das stimmt so nicht. Zwar ist es möglich, mit einer starken Antenne auf einem hohen Berg kosmische Strahlung zu empfangen, bei unseren Fernsehern daheim überwiegt jedoch das Rauschen der elektrischen Verbindungen. Ein weiterer Mythos ist, dass man Tinnitus mit rosa oder weißem Rauschen loswerden kann, das scheint jedoch eher ein Placebo-Effekt zu sein, denn Tinnitus kann auch dadurch entstehen, dass das Innenohr verletzt ist. In dem Falle hilft wirklich kein Geräusch. Bestenfalls übertönt das Rauschen den Tinnitus.

Klingt gut?

So endet unser Rundumschlag durch die Audio-Welt. Ob wir mit MP3-Player oder Smartphone unsere Beats über den Kopfhörer beziehen, oder ob wir uns auf einem Konzert ganz der Ekstase hingeben – Musik hat eine ganz besondere Wirkung auf uns und dahinter stecken viele physikalische Phänomene. Um genau die richtige Akustik zu schaffen, können wir also viel von den Profis lernen!

Danksagung

Vielen Dank an Nico Jacobs für diesen informativen Gastbeitrag


 

3 Kommentare
  1. KarlaT sagte:

    Vielmehr als die Akustik in der Freizeit beim Musik machen, sollte die Frage nach der Akustik unser Zuhause betreffen . Und da machen sich viele zu wenig Gedanken darum, was man verbessern könnte, um besser zu wohnen und damit zu leben. Vielen ist gar nicht bewusst welchen Lärmquellen sie zu Hause dauerhaft ausgesetzt sind

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