RELoad: Retrobright
In meiner Serie „RELoad“ möchte ich in verschiedenen Artikel meine Projekte zum sogenannten „Retrogaming“ und der Auf- und Umrüstung alter Hardware zusammenfassen.
Der heutige Beitrag befasst sich mit dem Aufhübschen alter Hardware, dem sogenannten Retrobright.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Was versteht man denn überhaupt unter dem Begriff „Retrogaming“? Wikipedia bietet (wie so oft) eine schöne Definition des Begriffs:
Als Retrogaming wird das Spielen und Sammeln älterer Computer- und Videospiele bezeichnet. Oft wird die Zeit des Umbruchs zur überwiegenden Veröffentlichung von 3D-Spielen zur Mitte der 1990er Jahre als Grenze gesehen, die durch leistungsfähigere Grafikchips in PCsund Spielkonsolen, insbesondere der PlayStation, eingeläutet wurde. Dem Prinzip Retro folgend, verschiebt sich jedoch diese Grenze, häufig werden bereits Spiele bis zum Ende der 1990er Jahre als „retro“ angesehen. Sie sind Teil des Retrocomputings.
Hintergründe
Meinen ersten eigenen Computer habe ich im Alter von 12 Jahren zu Weihnachten bekommen. Es war ein Commodore C64, auch bekannt als Brotkasten. Das erste Spiel, damals noch auf 5,25 Zoll Disketten, welches ich auf dem Gerät gespielt habe, war übrigens „Gun Dogs“. Ein paar Jahre später folgte dann der Amiga 500, der mich durch die Teenagerzeit begleitet und den Weg für meine Spiele- und Computer-Leidenschaft geebnet hat.
Nach diversen Konsolen, Intel-PCs und Macs habe ich mir vor ein paar Jahren (wieder) einen Amiga 1200 bei Ebay gekauft. Von einem Freund habe ich dann auch noch zwei Amiga 500 bekommen.
Die bisherigen Beiträge findet ihr hier (OSSC) und hier (Gotek).
Das Problem:
Jeder, der schon mal ein altes Gerät nach Jahren aus dem Schrank oder aus dem Keller geholt hat, hat wahrscheinlich bemerkt, dass vor allem die grauen Plastikteile nicht besonders gut gealtert sind. Eine unschöne gelbe, nikotinartige Verfärbung ist keine Seltenheit.
Der Grund dieser Verfärbung ist höchstwahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Plastikteile aus sogenanntem ABS-Kunststoff gefertigt wurden. Um sie brandschutztechnisch sicherzumachen, haben die Hersteller bestimmte Chemikalien zugefügt, die im Laufe der Zeit dafür gesorgt haben, dass sich die Plastikteile gelb verfärben.
Man ging relativ lange davon aus, dass diese Verfärbung irreversibel und somit dauerhaft war. Die einzige Lösung war, die entsprechenden Teile in der Original- oder einer Alternativfarbe neu zu lackieren. Im März 2008 machten dann findige Köpfe des CBM Museums in Wuppertal die Entdeckung, dass der Prozess der Verfärbung durch das Einlegen der Plastikteile in Wasserstoffperoxid teilweise umgekehrt werden konnte. Über verschiedene einschlägige Retrogaming Foren wurde der Prozess dann weiterentwickelt und verfeinert, sodass die „Behandlung“ statt einiger Tage nur noch ein paar Stunden in Anspruch nahm.
Die Lösung: Retrobright
Sucht man im Internet nach dem Begriff „Retrobright“, findet man schnell ein paar einschlägige Seiten mit Mixturen, Rezepten und Anleitungen. Auch in Youtube finden sich zahllose Anleitungen, um alte, gelbe Plastikteile wieder in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Und dahintersteckt wirklich keine Hexerei.
Die Inhaltsstoffe:
- Wasserstoffperoxid (6 % oder 12 %) (gibt es bei Amazon)
- Xanthan Zucker (Drogerie oder Amazon)
- Glycerin (Drogerie, Apotheke oder Amazon)
- Vanish „Oxy Action“ (Supermarkt oder Amazon)
- Eine UV-Lampe (z. B. LED) (auch Amazon)
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, Retrobrighting auf alte Geräte anzuwenden: flüssig oder als Gel. Ich habe selbst bisher nur die Erfahrung mit der flüssigen Anwendung gemacht.
Die Anwendung:
Um vergilbte Plastikteile zu bleichen, schütte ich eine entsprechende Menge Wasserstoffperoxid in einem Glas oder Plastikbehälter, den ich zuvor mit Alufolie von außen verkleidet habe. Die Alufolie hilft dabei, die UV-Beleuchtung zu reflektieren. Dann gebe ich die Plastikteile, am besten beschwert mit einer Schraube oder etwas Ähnlichem, in die Flüssigkeit. Hierbei sollte man auf jeden Fall Handschuhe tragen, H202 brennt richtig schön auf der Haut und kann zu Verätzungen führen. Also Obacht!
Zuletzt gebe ich die UV-Lampe von oben auf den Deckel der Plastikbox und lasse alles 24 Stunden stehen. Statt einer Lampe kann man natürlich auch LED-Streifen benutzen, die man um die Plastikbox wickelt. Nach dieser Zeit sollten alle Teile ihren Gelbstich verloren haben und in altem Glanz erstrahlen.
Natürlich kann man die oben genannten Zutaten auch zu einem Gel mischen. Dies ist vor allem bei größeren Teilen sinnvoll, die sehr viel Flüssigkeit zum Bedecken benötigen würden, wie zum Beispiel Gehäuse.
Das Rezept:
Man mischt 500ml Wasserstoffperoxid mit zwei gehäuften Teelöffeln Xanthar Zucker in einem Mixer bei hoher Geschwindigkeit für fünf Sekunden. Danach fügt man einen Teelöffel Glycerin zu und mixt erneut für fünf Sekunden. Die Mixtur nun erstmal für circa eine Minute ruhen lassen und im Anschluss nochmal für fünf Sekunden mixen. Das so entstandene Gel kann man in ein lichtdichtes (!) Glas umfüllen und bis zur Verwendung aufbewahren. Auf keinen Fall darf man jetzt schon „Oxy Action“ zugeben!
Wenn man das Gel verwenden möchte, löst man ¼ Teelöffel „Oxy Action“ in etwas warmem Wasser auf. So vermischt es sich besser mit dem Gel. Kurz vor der Verwendung mischt man das Gel und das flüssige Oxy und streicht alles mit einem Pinsel auf die zu behandelnden Teile. Diese wickelt man am besten noch in Klarsichtfolie, legt sie in einen Plastikbehälter (außen rum Alufolie) und beleuchtet sie wieder mit UV-Licht. Im Sommer kann man die Teile auch einfach in die pralle Sonne stellen.
Das Ergebnis:
Wenn man den Vorgang nicht kennt, ist es tatsächlich schwer, an das Ergebnis zu glauben. Ich hatte die Prozedur zum ersten Mal in einem Youtube-Video gesehen, als jemand einen völlig vergilbten Gameboy restauriert hatte. Das Ergebnis ist einfach unglaublich. Am Anfang denkt man sich noch „Das funktioniert auf keinen Fall!“ und wenn man das Ergebnis sieht, denkt man sich nur noch „WoW, cool!“.
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